Die sechs Vollkommenheiten bzw. transzendente Tugenden (Paramitas)
Das Sanskrit-Wort “paramita” bedeutet “zu einem anderen Ufer übersetzen”. Paramita kann ebenso als “Vollkommenheit”, “vollkommene Verwirklichung” oder “zu etwas gelangen, was jenseits aller Begrenzungen liegt“ übersetzt werden. Mittels der Praxis der sechs Paramitas überqueren wir den Ozean des Leidens (Samsara), um an das Ufer der Glückseligkeit und des Erwachens zu gelangen (Nirvana); wir lassen Unwissenheit und Irrglauben hinter uns und erlangen somit Erleuchtung. Jede der sechs Paramitas stellt eine erleuchtete Qualität des Herzens dar, eine herausragende Tugend oder Eigenschaft—ein uns innewohnender Keim für die vollkommene Verwirklichung. Die Paramitas sind die Essenz unserer wahren Natur. Da diese erleuchteten Qualitäten des Herzens jedoch durch Illusion, Selbstsucht und andere karmische Tendenzen verdunkelt wurden, müssen wir diese potentiellen Qualitäten fortentwickeln und sie – wann irgend möglich- zum Ausdruck bringen. Auf diese Weise ermöglichen uns die sechs Paramitas innere Vervollkommnung, wir bekommen eine tägliche Praxis für ein weises, von Mitgefühl, Liebe und Erleuchtung geprägtes Leben an die Hand. Bei den Paramitas handelt es sich um sechs Arten einer tugendhaften Praxis, die benötigt wird, um das Wohlergehen anderer Wesen und das Erlangen der Erleuchtung geschickt zu bewerkstelligen. Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass es die Ausübung von Disziplin und ernsthafter, innerer Vervollkommnung erfordert, um diese tugendhaften Qualitäten unserer wahren Natur zum Ausdruck bringen zu können. Hierbei handelt es sich um den Bodhisattvapfad — dieser ist dem höchsten Wohlergehen aller lebenden Wesen gewidmet. Ein Bodhisattva verfügt über ein erwachtes Herz von unkonditionierter Liebe, fachkundigem Wissen und allumfassendem Mitgefühl.
1. Die transzendente Tugend der Großzügigkeit (Dana Paramita)
Die erleuchtete Qualität der Großzügigkeit, Gebefreudigkeit, Wohltätigkeit und Darbringung. Die Essenz dieser erwähnten Paramita ist die unkonditionierte Liebe, eine grenzenlose Offenheit von Herz und Geist, eine selbstlose Großzügigkeit und Gebefreudigkeit, die völlig frei ist von Anhaftung und Erwartung. Aus der Tiefe unseres Herzens praktizieren wir das uneingeschränkte Geben unserer Liebe, unseres Mitgefühls, unserer Zeit, Energie und anderer Ressourcen, die dem höchsten Wohlergehen aller Wesen dienen könnten. Geben stellt einen essentiellen, vorbereitenden Schritt für unsere Praxis dar. Unsere Gaben sollten immer unkonditioniert und selbstlos sein; völlig frei von irgendeinem selbstsüchtigen Wunsch nach Dankbarkeit, Bestätigung, Vorteil, Ansehensvergrößerung oder irgendeiner weltlichen Belohnung. Die Tugend der Großzügigkeit wird weder durch den einfachen Akt des Gebens vollbracht, noch durch das eigentliche Geschenk selbst. Die wahre Essenz dieser Tugend findet sich hingegen in der reinen Motivation der wahrhaften Anteilnahme für andere Wesen — die wirklich großzügige Motivation eines durch Mitgefühl, Weisheit und Liebe erwachten Herzens. Hinzu kommt, dass unsere Praxis des Gebens frei sein sollte von Urteilen, ob sich jemand, der etwas von uns erhält, dessen würdig oder unwürdig erweisen könnte. Um die Paramita der Großzügigkeit zu kultivieren, ist es weise, über den unendlichen Nutzen dieser Praxis, die Nachteile von Geiz als auch die offensichtliche Tatsache, dass unser Körper und unser Wohlstand vergänglich ist, zu kontemplieren.
Sobald unser Geist von dieser Kontemplation durchdrungen ist, fühlen wir uns mit Sicherheit dazu ermutigt, unseren Körper als auch unseren Reichtum, solange wir noch über diese verfügen, für die Praxis der Großzügigkeit einzusetzen. Großzügigkeit ist ein Heilmittel für die Leiden resultierend aus Begehren, Geiz und Besitzgier. In dieser Praxis können wir unsere Zeit, Energie, Geld, Essen, Kleidung und anderes geben, um anderen Wesen zu helfen. Zu unserer herausragendsten Fähigkeit gehört es, den unschätzbaren Schatz des Dharma, indem wir Erläuterungen zu den Belehrungen von Buddha geben, mit anderen zu teilen. Diese Gabe dient dazu, andere Wesen von ihren Sinnestäuschungen zu befreien, die Verwirrung, Schmerzen und Leiden hervorrufen. Wir bieten einen Zustand der Furchtlosigkeit an, und des Weiteren Schutz, in dem wir lebende Wesen (Insekten, Tiere und Menschen) vor Gefahr, Stress, Angst und Terror bewahren. So können wir Fürsorge und Annehmlichkeiten bereitstellen, dadurch fühlen sich andere Wesen dann sicher und friedvoll. Dies wird in einer selbstlosen Haltung, ohne unseren Einsatz zu bedenken, durchgeführt. Wir praktizieren die Tugend der Großzügigkeit in einer besonders kraftvollen Art und Weise, wenn wir alle lebenden Wesen kontinuierlich mit der von unserem Herzen ausstrahlenden Liebe umschließen.
2. Die transzendente Tugend der Ethik (Sila Paramita)
Die transzendente Tugend ist die erleuchtete Qualität des rechtschaffenen und ethischen Verhaltens, Moral, Selbstdisziplin, Unfehlbarkeit, persönlichen Integrität, Ehre und des Nicht-Verletzens. Die Essenz dieser Paramita kommt zum Ausdruck indem wir anderen nicht schaden, da wir uns in Liebe und Mitgefühl üben; wir sind tugendsam und gewaltfrei in unseren Gedanken, in unserer Rede und in unseren Handlungen. Diese Praxis des ethischen Verhaltens bedeutet die absolute Grundlage für das Voranschreiten in jeglicher Meditationspraxis und für das Erreichen aller höheren Realisationen auf dem Weg. Unsere Praxis der Großzügigkeit sollte immer durch unsere ethische Lebensführung unterstützt werden; dies stellt bleibende Ergebnisse unserer Praxis der Großzügigkeit sicher. Wir sollten unsere Lebensführung zur Reife bringen indem wir ein Verhalten, das anderen Schaden zufügen könnte, vermeiden und den Bodhisattva-Gelübden folgen. Wir vermeiden es zu töten, zu stehlen, sexuelles Fehlverhalten auszuüben, zu lügen, entzweiende und verletzende Rede zu führen, Klatsch und Tratsch zu betreiben, Böswilligkeit und falsche Ansichten zu hegen. Diesen Regeln oder diesen Richtlinien zu folgen bedeutet keine Bürde oder gar eine Einschränkung unserer Freiheit. Wir wenden diese Leitsätze an, damit wir größere Freiheit genießen können, Glück und Sicherheit in unserem Leben, weil wir durch unser tugendhaftes Verhalten kein weiteres Leiden mehr für uns selbst und andere Wesen erzeugen. Wir sollten erkennen, dass unethisches Verhalten oftmals den Grund für Leiden und Unglück darstellt. Sobald wir lediglich einen kurzen Gedanken für die Vorteile des Hervorbringens ethischen Verhaltens und für die Nachteile von unethischem Verhalten aufwenden, werden wir sicherlich großen Enthusiasmus für die Praxis der Ethik entwickeln. Indem wir diese praktizieren, werden wir frei von Negativität, fügen anderen Wesen keinen Schaden mehr zu, wir sprechen aus einer freundlichen und mitfühlenden Haltung heraus und unsere Gedanken sind frei von Ärger, Böswilligkeit und falschen Ansichten. Sobald wir uns völlig unserer Praxis der Ethik verschrieben haben, fühlen wir uns im Fluss, voller Vertrauen, ohne Stress und sind glücklich, weil wir nicht mehr länger von unterschwelligen Gefühlen wie Schuld oder Reue geplagt werden; wir haben nichts mehr zu verstecken. Wir halten unser persönliches Ehrgefühl, unsere Integrität und unsere moralische Unfehlbarkeit aufrecht, welche das Fundament für all unser Glück, Gutherzigkeit und sogar für das Erreichen der Erleuchtung bilden.
3. Die transzendente Tugend der Geduld (Kshanti Paramita)
Diese Paramita ist die erleuchtete Qualität von Geduld, Toleranz, Duldsamkeit und Akzeptanz. Die Essenz dieser Paramita bedeutet Stärke für Geist und Herz, welche uns befähigt, den Herausforderungen und Schwierigkeiten des Lebens gelassen entgegen zu sehen, ohne unsere Fassung und innere Ruhe zu verlieren. Wir dulden die Widrigkeiten des Lebens und nehmen auch Kränkungen, Bedrängnisse und die Fehler von Anderen mit Geduld und Toleranz, frei von Verbitterung, Irritationen, gefühlsmäßigen Reaktionen oder dem Wunsch nach Vergeltungsmaßnahmen an. Wir kultivieren im Angesicht von Kritik, Missverständnissen oder Aggressionen die Fähigkeit zu liebender Güte und Mitgefühl. Durch die erleuchtete Qualität der Geduld werden wir weder von Lob, Erfolg oder erfreulichen Umständen abhängen, noch ärgerlich, unglücklich oder depressiv werden, sobald wir mit Verunglimpfungen, Anfechtungen, Härten oder Armut konfrontiert werden. Die erleuchtete Eigenschaft der Geduld, Akzeptanz und Toleranz wird nicht durch das Unterdrücken oder das Verleugnen unserer Gedanken und Gefühle hervorgerufen. Diese Qualität des Seins entspringt vielmehr unseren offenen Herzen und unseres Geistes, der tief im Dharma verwurzelt ist. Auf diese Art und Weise verfügen wir über ein klares und korrektes Verständnis von Vergänglichkeit, von Ursache und Wirkung (karma), und mit starker Entschlossenheit und Geduld verweilen wir in Harmonie mit diesem Verständnis für das Wohlergehen aller Wesen. Die Fähigkeit etwas zu ertragen, Nachsichtigkeit walten zu lassen, ist wesentlich für unsere Dharmapraxis. Ohne diese Art der Geduld werden wir nichts erreichen können. Ein wahrer Bodhisattva praktiziert Geduld in einer Weise, dass selbst, wenn er/sie physisch, emotional oder mental von Anderen verletzt wird, er/sie nicht irritiert oder nachtragend wird. Wir bemühen uns stets, das Gute und die Schönheit in Anderen zu erkennen. Indem wir die Vollkommenheit der Geduld und Nachsichtigkeit üben, geben wir Andere nie auf und versuchen nicht, ihnen aus dem Weg zu gehen – wir helfen ihnen, den Ozean des Leidens zu überqueren. Wir verweilen in unserem inneren Frieden, in Gelassenheit und Gleichmut unter allen Umständen, wir praktizieren nachhaltige Geduld und Toleranz für uns selbst und Andere. Mit der Kraft der Geduld halten wir Anstrengung und Enthusiasmus in unserer Dharmapraxis aufrecht. Daher unterstützt uns unsere Praxis der Geduld auch in der Entwicklung des nächsten Paramita der freudigen Anstrengung und der begeisterten Beharrlichkeit.
4. Die transzendente Tugend der freudigen Anstrengung / begeisterten Beharrlichkeit (Virya Paramita)
Diese Paramita ist die erleuchtete Qualität von Energie, Kraft, Vitalität, Durchhaltevermögen, Fleiß, Enthusiasmus, kontinuierlicher und beständiger Anstrengung. Damit man die ersten drei Paramitas (Großzügigkeit, ethisches Verhalten und Geduld) ungeachtet von auftauchenden Schwierigkeiten zu praktizieren vermag, benötigen wir diese Paramita der freudigen Anstrengung und Ausdauer. Freudige Anstrengung lässt die zuvor genannten Paramitas anwachsen und sogar unten den Einflüssen des täglichen Lebens an Stärke zunehmen. Die Essenz dieser Paramita der freudigen Anstrengung ist Mut, Energie und Durchhaltevermögen, damit wir kontinuierlich den Dharma praktizieren und das höchste Ziel der Erleuchtung zum Wohle aller Wesen verfolgen können.
Hervorgerufen von unserem tiefsten Mitgefühl für das Leid aller Wesen, fühlen wir uns zu unerschöpflicher, ausdauernder und freudiger Anstrengung angespornt. Mit Körper, Rede und Geist arbeiten wir unaufhörlich und unermüdlich für das Wohlergehen der Wesen, ohne Erwartungen für eine persönliche Anerkennung oder Belohnung zu hegen. Wir befinden uns immer „auf dem Sprung“, anderen entsprechend unsere Fähigkeit zur Seite zu stehen. Mit freudiger Anstrengung, hingabevoller Energie und der Kraft aus nachhaltigem Einsatz praktizieren wir den Dharma, ohne von allem Möglichen abgelenkt zu werden oder unter den Einfluss von Faulheit zu gelangen. Ohne in der Virya Paramita verankert zu ein, würden wir leicht desillusioniert werden und uns von unserer Praxis abwenden, sobald wir ungünstigen Bedingungen gegenüber stünden. Das Word „virya” bedeutet Ausdauer und Durchhaltevermögen angesichts von Desillusionierung, um energiegeladen dem höchsten Ziel der Erleuchtung entgegen zu streben. Sobald wir diese Qualität von Fleiß und Beharrlichkeit kultiviert haben, verfügen wir über einen starken und gesunden Geist. Wir praktizieren mit fortwährender Anstrengung und Enthusiasmus, weil wir den ungeheueren Wert und den Nutzen unserer Dharmapraxis erkennen. Sind wir fest in dieser Paramita gegründet, so entwickeln wir Eigenständigkeit, welche als unsere markanteste Charaktereigenschaft auffällt. Durch freudige Anstrengung und begeisterte Beharrlichkeit betrachten wir einen Fehler lediglich als weiteren Schritt zum Erfolg, Gefahr wird für uns eine Inspiration für Mut, und diverse Leiden erleben wir als weitere Gelegenheiten, um Weisheit und Mitgefühl anwenden zu können. Diese Charakterstärke, Eigenständigkeit und die nächste Paramita der Konzentration entwickeln zu können ist kein leichtes Unterfangen, daher benötigen wir begeisterte Beharrlichkeit auf dem Weg.
5. Die transzendente Tugend der Konzentration (Dhyana Paramita)
Diese Paramita ist die erleuchtete Qualität von Konzentration, Meditation, Kontemplation, Samadhi, Achtsamkeit und mentaler Stabilität. Unser Geist besitzt die Tendenz, sehr abgelenkt und ruhelos zu sein und bewegt sich ständig von einem Gedanken oder Gefühl zum nächsten Gedanken/Gefühl. Deshalb fixiert sich unsere Bewusstheit auf das Ego, auf die oberflächlichen Schichten des Geistes und der Emotionen und wir bleiben unseren immergleichen Gewohnheitsmustern verhaftet. Die Vollkommenheit der Konzentration bedeutet Geistestraining, damit unser Geist nicht zügellos wird. Wir stabilisieren unseren Geist und unsere Emotionen indem wir meditieren, achtsam und bewusst bleiben in allem, was wir tun. Sobald wir mit dem Geist auf diese Weise arbeiten, werden wir nicht mehr von physischen, emotionalen und mentalen Schwankungen und von Ruhelosigkeit geplagt. Wir erlangen Gemütsruhe, Gelassenheit und Ausgerichtetsein. Diese Fähigkeit zur Konzentration und zum Fokussieren des Geistes erzeugt Klarheit, Gleichmut und Strahlkraft unseres Geistes. Konzentration erlaubt uns eine tiefe Einsicht, die benötigt wird, um gewohnheitsmäßige Täuschungen und Anhaftungen, die Verwirrung und Leiden hervorrufen, aufzulösen. Sobald wir frei von diesen Täuschungen und Anhaftungen sind, können wir ganz direkt Freude, Mitgefühl und die Weisheit unserer wahren Natur erleben. Weisheit und Erleuchtung können nicht erlangt werden, ohne vorher den Geist durch Konzentration und Meditation geschult zu haben. Die Entwicklung von Konzentration und Einsgerichtetsein erfordert Beharrlichkeit. Daher führt uns die zuvor genannte Paramita der freudigen Anstrengung und der Beharrlichkeit zu dieser Paramita der Konzentration.
Außerdem könnten wir die anderen Paramitas nicht hervorbringen, wenn wir uns nicht in Konzentration und Meditation üben, weil ihre Essenz, die innere Bewusstheit, die aus der Meditation entspringt, fehlt. Um Weisheit, Mitgefühl und Erleuchtung zu erreichen, ist es von großer Bedeutung, den Geist durch Konzentration, Meditation und Achtsamkeit weiter zu entwickeln.
6. Die transzendente Tugend der Weisheit (Prajna Paramita)
Diese Paramita ist die erleuchtete Qualität von transzendenter Weisheit, Einsicht und vollkommenen Verstehen. Die Essenz dieser Paramita ist die höchste Weisheit und das höchste Verstehen, welche lebende Wesen überhaupt in der Lage sind, zu erlangen – jenseits von Worten und völlig frei von Begrenzungen durch Konzepte, Meinungen oder bloßem intellektuellem Wissen. Jenseits der engen Grenzen von intellektuellen und konzeptuellen Geisteszuständen erfahren wir den erwachten Herz-Geist von Weisheit und Mitgefühl —prajna paramita. Prajna paramita ist die höchste Weisheit (prajna), die Leerheit und die Verbundenheit aller Dinge durchdringt. Diese makellose Weisheit löst alle falschen und verzerrten Sichtweisen des Absoluten auf. Wir sehen die grundlegende Natur der Realität mit äußerster Klarheit, unsere Wahrnehmung befindet sich jenseits trügerischer und irreführender Schleier der materiellen Existenz. Mit der Vollkommenheit der Weisheit erreichen wir die Fähigkeit, die Wahrheit hinter der vorüberziehenden Entfaltung aller Erscheinungen zu erkennen. Prajna paramita ist das Resultat von Kontemplation, Meditation und dem korrektem Verständnis der Natur der Realität. Letztendlich zeigt uns die vollkommene Verwirklichung von Prajna paramita, dass wir nicht einfach nur ein von Anderen getrenntes Selbst sind, das versucht, Gutes zu bewirken. Dem Wohlergehen aller Wesen tugendhaft zu dienen ist vielmehr der naturgemäße Ausdruck eines erwachten Herzens. Wir erkennen, dass die Person, die dient, derjenige, welchem gedient wird und die mitfühlende Handlung des Dienens in ihren Wesen eins sind— weder existiert ein getrenntes Ego noch kann ein eigenständiges Selbst in den Akteuren gefunden werden. Mit der höchsten Weisheit gelangen wir jenseits von Akzeptanz und Zurückweisung, Angst und Hoffnung, dualistische Gedanken und Ich-Anhaftung. Wir lösen diese Vorstellungen komplett auf und erkennen alles als ein durchscheinendes Schauspiel der uranfänglichen Wahrheit. Sollte unser Ego selbst an den Qualitäten dieser Paramitas festhalten wollen, so wäre dies eine falsche Wahrnehmung und wir würden lediglich von einem Extrem zu einem anderen überwechseln. Damit wir uns von diesen Extremen befreien können, müssen wir unsere Ich-Anhaftung aufgeben und alle dualistischen Konzepte mittels der Einsicht resultierend aus der höchsten Weisheit, auflösen. Diese Weisheit transformiert die anderen fünf Paramitas ebenso in einen transzendenten Zustand. Einzig und allein durch die Strahlkraft der höchsten Weisheit wird dies möglich gemacht.